„Wir sind viele und wir spielen Ball“
Schon wieder ein Artikel über Volleyball? Da ist einerseits die Redaktion schuld, die wollten etwas darüber lesen, und andererseits die lieben Leser und Leserinnen, weil dem letzten Aufruf niemand gefolgt ist.
Also es gibt noch freie Plätze auf unserem Feld, vielleicht sind die vielen Vorzüge dieser Betätigung zu wenig bekannt. Da ist zum Beispiel diese klare Trennung vom gegenerischen Team. Wo sonst kann man seinem Spieltrieb freien Lauf lassen, ohne dem Gegenüber ins Gehege zu kommen? Da gibt es kein Geschubse, keinen Ellbogen im Brustkorb, kein Leiberlziehen oder sonstige Gemeinheiten wie beim Fuß-, Basket-, Handball.
In der Schule hab ich nur einmal Basketball gespielt und ich war erschüttert über die körperlichen Attacken meiner Schulkolleginnen. Das Spielfeld als Vorbereitung auf das Schlachtfeld oder die Stärkere gewinnt! Andere Gemeinheiten gibt es schon auch bei Volleyball, aber körperliche Übergriffe sind ausgeschlossen.
Und die Positionen werden bei jedem Servicewechsel verändert, nicht so wie beim Faustball, wo die Positionen fix sind und die Schläger:innenposition zugleich die Starposition ist und sich alle anderen abstrampeln müssen, damit die Schlägerin, der Schläger draufdonnern kann. Ich hab nur ein paarmal zugeschaut, das Ganze wirkt sehr statisch, und gesund kann das auf Dauer auch nicht sein, dieses Solodonnern. Volleyball rotiert, jede Position wird von jeder/jedem eingenommen, der ständige Wechsel erhöht die Konzentration und unterbindet Starallüren.
Jeder Abend bietet Überraschungen. Wie viele kommen, wer spielt mit wem, wie ist die eigene Verfassung, die Verfassung der anderen, wie funktioniert das Zusammenspiel? Der Emotionspegel ist gewaltig. Es geht nicht nur ums Gewinnen, auch der Spielfluss, das Retten unmöglicher Bälle, der Spaß (und der Ärger und der Grant) machen den Reiz aus.
Wir spielen schon ewig, begonnen haben wir 1986. Mit fortschreitendem Alter haben wir die eine und den anderen Spieler an den asiatischen Erdteil verloren, sie sind zu Yoga übergelaufen. Mein Verhältnis zu Yoga ist seitdem getrübt, Sport ist es außerdem auch keiner.
Teilkompensiert haben wir die Abgänge durch asiatische Spieler, seit einigen Jahren spielen Afghanen bei uns und, Halleluja, da gibt es riesige Talente. Aber: Einer wohnt inzwischen in Eferding, nicht immer kann er die Anreise zum Spiel organisieren, einer arbeitet in einer Dreierschicht, so ist Volleyball nur jede dritte Woche möglich, einer ist immer wieder einmal auf Montage, einer arbeitet fast pausenlos in einer Art Kekserlfabrik in der Hausruckgegend. Während der jahrelangen Warterei auf die Erlangung eines Aufenthaltstitels und somit einer Arbeitsgenehmigung war unser Spielfeld gefüllt. Jetzt sind sie im Arbeitsprozess, von Wels weggezogen oder in andere Länder weitergeflüchtet.
Wir könnten einfach aufhören, 36 Jahre Sektion Volleyball beim Lieblingsverein waschaecht ist ja eh beachtlich, jeden Donnerstag im Schuljahr in der Halle, dazwischen lange Zeit Sonntagsvolleyball im Freien, Hobbyturniere im Sommer. Und selber haben wir jahrelang rund um Ostern ein sehr feines Turnier veranstaltet. Aber es gibt da so einen Zauber beim Volleyball, den nur ein Teamsport bewirken kann, diese Momente, wo alles läuft und alles sonst vergessen ist und wenn der Satz verloren geht, dann mit vollem Elan auf zum nächsten.
Donnerstags, wenn Schultag, von 20.00–22.00 Uhr, HAK, Eingang Herrengasse, Erdgeschosshalle. Ein erfahrener Spieler ist sogar erst mit 65 Jahren zu uns gestoßen, nicht ganz 20 Jahre war er bei uns! Mein Gott, Walther! Und vor kurzem ist ein 16- jähriger zu uns gestossen! Also ob jung, ob alt, ob groß, ob klein, ob männlich, ob weiblich, ob dazwischen und Pass egal! „Komm, süßer Ball“
[Eingangszitat entwendet von Tocotronic „Wir sind Viele“ (Einladungstext Volleyballturnier 2008). „Mein Gott, Walther“ Mike Krüger (Walther hat sich mit 84 von uns verabschiedet und träumt immer noch von Volleyball). Schlusszitat entwendet von Wolf Haas „Komm, süßer Tod“ (Einladungstext Volleyballturnier 2001).]